Richard Wagner
     

Thomas Mann hat wiederholt davon gesprochen, in Wagners Jugendentwicklung seien "die Züge des Dilettantischen nicht zu verkennen". Richtig ist daran, dass Richard Wagner (1813 - 1883) keineswegs mit geniehaften frühen Leistungen aufzuwarten vermag, die einen Vergleich mit der Frühreife Mozarts oder Mendelssohns zulassen. Wagners frühe dramatische und kompositorische Entwürfe sind ebenso leidenschaftlich in Angriff genommen wie schlecht durchgeführt. Aber sie werden eben durchgeführt und zu Ende gebracht. (...) 1830 komponiert er eine Ouvertüre, die sogar aufgeführt wird. Sein Haupterlebnis ist Beethoven: die 7. Symphonie und der "Fidelio". Beethovens Bild und Musik waren für ihn untrennbar zur Einheit geworden: Künstler und Kunstwerk. "Dieses Bild floß mit dem Shakespeares in mir zusammen: in ekstatischen Träumen begegnete ich beiden, sah und sprach sie; beim Erwachen badete ich in Tränen." Hier ist bemerkenswert, daß Dichtungserlebnis und Musikerlebnis untrennbar ineinander übergehen, ohne daß der junge Wagner dem Dramatiker oder dem Musiker einen Vorrang einzuräumen gewillt wäre. (...) Wagner schwankt nicht zwischen zwei Künsten; er will beide zu gleicher Zeit. (aus Hans Mayer "Richard Wagner in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten" Rowohlt Verlag, Hamburg 1959) 1841 - da war Richard Wagner 28 Jahre alt und als Komponist noch weitgehend unbekannt - entstand für eine musikalische Zeitschrift dessen Novelle "Eine Pilgerfahrt zu Beethoven", in welcher sich Wagner zum legitimen, musikalischen Erben Beethovens stilisiert. Er konstruiert ein (natürlich fiktives) Zusammentreffen zwischen sich und dem tauben, an der Schwelle des Todes stehenden Beethoven, in welchem dieser ihm, dem jungen, aufstrebenden Tondichter, seine wahre Überzeugung in puncto Komposition darlegt. Soweit Wagners gewohnt sichere Selbsteinschätzung; überraschend allerdings sind die komödiantischen Wirrnisse, die Wagners Alter Ego zu bestehen hat, bevor es zu diesem Zusammentreffen kommen kann und der jugendliche Charme und die possenhafte Erzählweise des Jung-Autoren Richard Wagner. Somit gerät diese "Pilgerfahrt" zu einem witzig-liebevollen Ohrenschmaus, der so unterhaltsam daher kommt, daß einem der Jüngling Richard Wagner - egal, wie man zu seinen später entstandenen Meisterwerken stehen mag - ungemein sympathisch wird. So schrieb auch Helmut Mauró von der Süddeutschen Zeitung: "Überzeugend und äußerst witzig: Dominik Wilgenbus schafft es durch sein bewundernswertes schauspielerisches Talent, Realsatiere und konstruierte Komik so zu vermischen, dass man oft losprustet, bevor klar wird, welchen Blickwinkel er gerade einnimmt. Und mitten im Lachen findet man plötzlich einen Wesenszug Wagners, den man kaum vermutet hätte: Selbstironie!"

zur CD